Freitag, 23. Oktober 2015

September, Oktober


Badeinsel
ein Bauchplatscher auf die
Luftmatratze



Versteckte Bucht
die Kleider unter der Weide


Den Kragen enger
im Novemberregen
Que sera



Voller Gitarrensound
über die Straße legt sich
eine Fata Morgana


Lampionreigen
wir sind gespannt auf
fremde Nachbarn


Erster Schultag
der Busfahrer fragt die Schüler
nach der Route


Schulpraktikum
sie teilt die gefrorenen Küken
auf die Geparden


Mein Nachbar
ein Deja vu-Erlebnis
beim Wiedehopf

Zwergziegen füttern
ein kleiner Junge
fällt hin
 



Versteckelts Geheche
sie dischputiere ausgelasse
iwwer Elwedritsche


Vollmondsichel
ein Fenster nebenan
im Bademantel


Roter Mond
ich erschrecke vor dem
Gesicht über mir


Vollmondfinsternis
aus seinem langen Schatten
fällt eine Sternschnuppe


Kostendebatte
sie schenkt der Vertriebenen
eine Bettdecke



Wanderweg
die Wallfahrtskapelle
ist feiertags zu


Nachtwanderung
im Turm das große Flehen


Stadtrundgang
die angewinkelten Beine
des Perlenskeletts

Müde Füße
der Bachlauf wechselt die Tonart


betonkapelle
wo himmel und meer
eins werden

Juli, August

auf der schulter einer
fremden frau
der himmel voller gitarren


zeltstadt
es regnet reggae

karachobahn
hügel vorm inneren auge


standing ovations
der waschzuber wird überschwemmt

Vereinsheim im Stadtpark
er radelt die Treppe hinab

Auf der Konzertmuschel
der Ruf
des hübschen Polizisten


Im Schatten der Nachtigall
die Neugier zieht
am Reißverschluss

ballspiele
in der dämmerung nimmt er sie
auf seinem fahrrad mit


ein jahr älter
die runzeln der
schlafenden hexe


Verbrennungen
ein Besuch in der Sperrzone



Rote Karte
das Spiel mit dem Feuer
verschoben


rosensirup ich zergehe auf deiner zunge


Bewegte Schatten
hinter dem Rosenbusch
schließt der Vorhang



rosenranken
er verlangt nach einem
betäubungsgetränk

Samstag, 17. Oktober 2015

Zelt - Haibun

Ich verlasse das Caritas-Haus. Im Hauseingang hefte ich meinen Blick an die Aushänge im Schaukasten, als eine junge Mutter mit ihrem kleinen Kind an mir vorbeigeht. Der Junge sagt zu ihr, "Das ist die Märchenerzählerin". Langsam dämmert mir, dass er mich gemeint haben könnte, und ich drehe mich zu ihm um. "Ja, stimmt!" antworte ich. "Das war vor einem halben Jahr auf dem Kindertag im Gemeindesaal!" Einer ganztägigen Veranstaltung, die mir viel Arbeit, wenige Zuhörer und keinen Lohn gebracht hat. Ganz begeistert erzählt er ihr von dem Zelt, in dem die Märchenstunden stattgefunden haben. Die Mutter kann sich nicht mehr recht erinnern. Ich gratuliere ihm zu seinem fabelhaften Gedächtnis und gebe ihm die Hand.

In der Bärenhöhle
der Kasper hält Ausschau
nach den Kindern

Samstag, 10. Oktober 2015

Loblied auf sächsisch - Rengay

Jubiläumsfeier
in der Dämmersonne
das abgenagte Gerippe

Zwischen zwei Schädelknochen
mein Weinglas

Amazonasente
die schwungvolle Rede
des Direktors

Der Boss der Regenwürmer
auf dem Weg zum Weinkeller

Toilettenfenster
auf gelben Bäumen
der Gesang exotischer Vögel

Eine Eule schaut mir in die Augen
zwischen zwei Sätzen

Loblied auf sächsich
junge Geparden hören
auf die Schritte

Nach dem Regen
ein Sprung auf den Lattenrost