Sonntag, 20. Oktober 2013

Oktober 2013

Vollmondnacht
Ratten umkreisen
eine schlafende Taube


mitternachtsfeuer
im schuhgeschäft
wächst springkraut


Feuriges Präludium
die Bank zittert im Licht
der wärmenden Kerze


Lebensbaum
das kurze Leuchten
vor dem Sturm


Orchideenblüten
das nasse Laub bedeckt
die Messingtraube


Zwischen Kreisen
die Krähe stolpert
durch die Pfütze


Schillernder Bergwald
das Himmelsband
windet sich talwärts


Novemberwind
ein Flötenduo öffnet
den Fensterflügel


Heimatstadt
zum Refrain des alten Liedes
tanzen


Überschwemmung
das Tal im Glitzerschein
der Kollektoren


Oberleitungen
in ihrem Geflecht strömt
die Weite des Rheins


Dichter Wald wuchs
über unser Brücklein
ein Tropfen Licht


Parasolpilze
Mutters Altersflecken
auf der Brust


Das Herbstlaub
tanzt Limbo
mit neuem Wein


Blinzelndes Paar
Schafe laufen in die
blaue Stunde


September 2013

Plötzlich still im Haus. Zwei zwitscherten aufgeregt vor dem Wandertag, einem war etwas mulmig, denn ich hatte ihm die Haare frisch geschnitten. Der letzte, der sich verabschiedet hatte, fährt zum Arbeitsamt. Gleich schließe ich auch die Türe hinter mir um meiner Arbeit nachzugehen.

Schwarzer Kaffee
die Schmeißfliege wandert
auf dem Griff der Patsche

Haiku-Wettbewerbe
die Freude über
ein Wort

at train-time
her white hair-knot drops into
the trail of a love affair

Glasfenstertaube
in der Kapelle der Duft
des alten Teppichs

stehende luft
zwischen dicken betonwänden
menschengedränge

Luftraum
der Hall klettert die
Treppe hinab

staubiges eichhörnchen -
sein kerwegeld
hängt an der wand

vor...zurück
ihre Burka spiegelt sich
zwischen Goldketten

Der ganze Parkplatz voll
auf dem Weg zur Sitzung
der Duft der Schalmey

Vollmondmittag
meine Hände sind mehlig
von den Knödeln

Internetwanderplan -
sie verschwinden
im Dickicht

Weinlese
der Trödler tauscht gerne 
Geschichten
 
 
 
 
 
 
 

Montag, 2. September 2013

Juli, August 2013

Scherenschnitt
der aufgewirbelte Staub
durchdringt das Fenster


Rosenblütenblatt
der Halbmond zittert
überm Protestcamp


schneeweißer morgen
eine fliege schlägt mir
die decke zurück


die eberesche
ein paar vögel scharren
im klang der berge


Käfer schwimmt vorbei
das Wort für Theaterplatz
hat vier Buchstaben


die wilde mähne
der tigerlilie trotzt -
dem wind ein lächeln


abschiedsküsse
hinter bäumen die Feldlerche
singt unentwegt


atemzüge
die knittrige hitze
der bettwäsche


landesgartenschau
hinter dem baggerdunst
schwarzer kaffee


einundzwanzig uhr
heute die erste kerze
zum lebenslauf


ein paar würzwische
hinter dem sakristeifenster
dicke schwaden


Holunderbüsche
hinter der Mauer beginnt
die Herbstkühle


Hochzeit in der Mühle
zwei Hände schneiden
die Kälte des Dorfbachs


spätsommerschwere
die gelben blüten
meiner primeln


Über die Nägel
geduckt im Taubenhochhaus -
Kellerschlafzimmer


Personalfrage
ein Fenster des Kindergartens
blind
 

Schleife im Haar
an der Schranke wartet
ein weißer Kimono


Schwanengesang...
auf der Tischtennisplatte
Probleme gewälzt
 

trauriges gesicht -
über das gemälde läuft
standhafter regen


licht im farngarten
ein schicker lampenladen
am flussufer


Regenvoll der See
wir legen den Poncho
ins Gänsehautgras


brombeernachmittag
der damenstrumpf wird
länger und länger


Mit spitzen Lackpumps ...
auf dem Platz vor den Beeten
steht nur ein Fahrrad
 

Montag, 3. Juni 2013

Juni 2013

Erster Eiskaffee
der Efeuzweig greift nach
dem Schornstein

 

Bunte Glühbirnen
in bewegten Zweigen
jagen sich Elstern


Lilienblüten
eine Schnecke hat sich
verirrt

Sonntag, 5. Mai 2013

Mai 2013

Herbsthaiku
das Notizbuch auf dem Schoß
Füller fiel im Schlaf

Außer dem Dauerstress
Flüge nach Wien ...
sie ist unterwürfig



Abschiedsbrief 
die Verwertungsbestätigung
nun fliegt es davon



Im Einkaufswagen
verlorene Blüte der
Bougainvillea


Schlehenblütenduft
auf einem Stecken
mit klebriger Zunge
 
Im Schlepptau
der Regenschirm hält sich
am kleinen Mädchen fest
 
Ein Frühlingstag
auf dem Fenstersims
liegt ein Schuh
 
Einen Fliederzweig
sein Regen im Wohnzimmer
sammelt den Staub
bedeckter himmel
die tränenden herzen
blütenweiß
 
Sein Lächeln damals ...
über dem Dachfester
ein Streifzug Vögel
 
Apfelgarten
die Gischt spielt Federtau
mit den Würzdüften
Frühlingsschnee
der Asphalt blüht auf
 
 

 
 
 
 
 

Dienstag, 2. April 2013

April 2013

Trockener Ast fällt ...
im alten Herbstlaub liegt
der Frühlingsregler



Winterende
am Zaun die Verabredung
der Singlehandschuhe


Mein Bügeleisen
fährt die Landstraße entlang
bis zur Rechtskurve



Kletterkünste
Knoten, Karabinerkunde ...
schnell abseilen


Mauerkeller
in die Fugen strömt
die junge Poesie



Die Türe öffnet sich
mein Schlüsselanhänger winkt
zum Abschied



MRT
die Symphonie mit dem
Paukenschlag


Yogaübung
das Atmen
einer Mücke


Der Duschvorhang
raschelt aufdringlich
durch die Moldauprobe

Das Waschbecken glänzt
in Es-Dur-Tönen aus dem
Rheingold


Ein Er-Gefühl
meine Hände in die Ärmel
beim Bügeln von links


Zehn Katzen
und tausend Figuren
Hausbesetzung

Lehrergespräch
die Oberlichter erleuchten
den Korridor


Elternsprechtag
die Lichtreflexe auf dem Gang
vibrieren


Wertstoffsammlung
leuchtende Puzzleteile
verstreut

 
 
 

Sonntag, 31. März 2013

Haibun "Karfreitagsgast"

Ich fotografierte gerade die Magnolienkospen in deren Vorgarten. Es war um 16 Uhr, genau zur Kirchzeit. Hinter dem Busch verborgen hörte ich an der Haustür die Abschiedsworte des Hausherrn. Dann sah ich durch das Fenster neben der Haustür seine weißen Socken die Treppe hinauf gehen. Die junge Frau jedoch verließ das Anwesen nicht nach vorne durch das Törchen, sondern seitlich an der Hauswand, wo sie nach ein paar Schritten in ihren gigantischen roten High Heels stolperte, sich jedoch wieder fing. Auf dem Weg über die schmale Straße zu ihrem Auto, einem braunen Alfa Romeo, blieben die auffälligen Pumps unter ihrem Seidenballon-Anzug gerade verborgen. Die Ehefrau sieht jedenfalls anders aus.

Karfreitag
die Fußkleider 
verabschieden sich


Sonntag, 17. März 2013

Kellerdreizeiler März 2013

Wintereinzug
im Haus - die Ranunkel
nach Gestern geneigt

Die Heizung verharrt
in Stille - das Dröhnen
in meinen Ohren...

Zirpen im Öltank
draußen streiten die Spatzen
im kahlen Busch

Der zugige Keller
meine Augen verklebt
von irgendetwas

Wartearbeit
daheim hofft das Chaos
auf meine Rückkehr

Bange Fragen
ein Spinnennetzdschungel
Wüstenantworten

Ein kleines Stück Land
dort, wo die Aussiedler feiern
Himbeerbüsche

Im Maschinenraum
steigt das Ölduftgetöse
rotes Schiff legt ab

Die neue Welt
weit und dornenbesetzt
Winterabenteuer

Meine Hand am Boden
Katzenspuren verlieren sich
auf der Terrasse.

Wartezimmer-Dreizeiler Januar 2013

WARTEZIMMER-DREIZEILER

Wartezimmer
bunte Bilder und Blätter
mein Block - daheim

Kleinstadt-Radio
Schnellsprech-Werbung
heute Abend Poetry

Musikgedudel
sentimental die alten Hits
ich liebe dich so

Stampfender Rhythmus
mein Magen knurrt ins Warten
niemand hats bemerkt

Im Vogelkäfig
das antwortlose Zwitschern
aus dem Telefon

Schweigsames Paar
mit frustrierten Minen
ist sie schwanger?

Die Blumenvase
gemalt mit hellen Streifen
im Heft der Weißfluss

Rhythmisches Brummen
Ultraschalluntersuchung
heute in 3 D

Die schöne Blonde
trägt modisches Grün -
Tag des Beck-Rücktritts

Blicke ins Leere
schreiben - mein Rechnungsumschlag
quillt bald über ...

Entfernung des T-Stücks
auch nicht für zu Hause
das Leben geht weiter.

Haibun "Geburtstag" März 2013

Ich gehe zu einem jüngeren Herrn, um den Haushalt in Ordnung bringen. Meist ist er geschäftlich unterwegs. Irgendwann im Dezember las ich auf einem Formular (vielleicht einem Rezept), das auf der Fensterbank lag, seinen Geburtstag. In den Wochen danach vergaß ich jedoch das genaue Datum wieder. Anfang März kam ich auch in sein Haus, er war da und arbeitete am PC am Küchentisch. Ich hatte mich an dem fraglichen Tag ausnahmsweise ein wenig geschminkt, er ließ aber nicht erkennen, ob nun wirklich sein Geburtstag war. Ich wollte ihn nicht fragen, um ihm nicht das Gefühl zu geben, ich würde in seinen Unterlagen kramen. Er wünschte sich an diesem Tag, dass ich seine Kristallelemente der Esstischleuchte poliere, nachdem er am Vortag seinen Holztisch frisch geölt hatte. Vermutlich bekam er abends Gäste. So stand ich ganz in seiner Nähe auf seinem Esstisch, polierte leise klimpernd seine Lampe während er schweigend am PC saß. Wie sich herausstellte, war es tatsächlich sein Geburtstag. 

 
Sein Festtag heute
wortloser Singsang
aus dem Handtuchmund

Samstag, 2. März 2013

März 2013

Vitrinenspiegel
im Fensterkreuz die großen
Augen der Puppe



Zwei Jahre Hoffnung -
mit Schaufel und Papiertuch
gegen die Strahlung


Geburtstag
ich stehe auf seinem Tisch
kristallklimpernd




Kanalschiffla zwoar
abba sou waich un bund
da werst gans närsch


Weihwasserbecken
der Schatz in der Höhle
von Spinnweben


Kristallrauten
Kassandra kennt die
keimende Klage


Mit dem Finger
schwergewichtige Worte
in den Sand

Der Duft des Winters ...
Rotkehlchen und Bachstelzen
auf nassem Asphalt



Über das Feld
Schneeflocken schlagen die Pauke
zum Vogelgesang



Das Tuch weht vom Leib
unter den Gewändern
wachsen Engelsflügel


Flüstern im
Wartezimmer
eine Mutter herzt ihren Teenie



Der Zeitschriftentisch
gaukelt Sonnenfrühling vor
oder zurück


Endlosregen
Worte rieseln
den Flur entlang


Über das Feld
Schneeflocken schlagen die Pauke
zum Vogelgesang


Leuchtkörper
einmal nimmt er mich mit
der Große Wagen


Schneeglöckchen
der Winter blüht
noch immer

 
Ostermorgen
eines ging
verloren

Ostermorgen
eines ging
verloren
 

Montag, 4. Februar 2013

Februar 2013

Sonnenland
im Widerschein der Wolken
dein Lächeln


Dampfperlen am Rhein
im Zug verprügeln sich

meine Kinder

Neue Freundin -
ihre Kissen treffen sich
auf seiner Seite

Unterm Sofakissen
das Körnchen Wahrheit versteckt
von einem Kind

So klein mit Hut
die Fliege zappelt noch im
Paragraphennetz


Neue Strommasten
unterwegs - wir fassen uns
an den Händen


Der Kandidat
der Sozialdemokratie -
hat Spaß an viel Geld

Reden bei Banken
im Tausendermaßstab
moosige Gründe

Mein Befund ...
im Nebel fand ich das
Auto nicht mehr

Faschingssonntag
du spielst mir den Boogie
auf der Kirchenorgel

Faschingsmontag
in meiner Hand der Flyer:
Inseln der Rosen

Faschingsumzug
mein Auto geht als Monolith
mit Plattfuß

Aschermittwoch
selbes Parteitheater
man wird verkohlt

Valentinstag ...
die Poetin erinnert
an Unglückspaare


Dompfaff und Meisen
meine Fensterkatze
ein Pierrot ...


Die Zaubernuss
heute Abend im Rampenlicht
seine Lesung


Die Zweideutigkeit
im Treppenhaus hallen
die Schritte wider


Februarkälte
ein grünes Plastikei
am Zweiglein


Kanu im Kanal
Kinder verbinden die Flüsse
mit Kirschzweigen

Trüber Wintertag
die Männer auf dem Strommasten
zwitschern

Auf dem Heimweg
ein Fasanenweibchen
überquert die Straße




Freitag, 1. Februar 2013

Beliebteste Haiku von 2012

Sandfarbenes Gras
Dünen wogen zum Horizont
dort weht der Regen

Auf einer Lichtung,
des Strauches fahle Monde
ziehen mit dem Wind

Winterheimat -
in der Mitte der Kindheit
Klavieretüden

Himmel vor Sternen ...
eine Schneeflocke traf mich
mitten ins Auge

Der rötliche Stamm
dieser Kiefer - Melodie
eines Zweigehimmels

Ein scheuer Kuss ...
der Frühling zieht ins Haus
des Winters ein

Verschwommen die Zeit
im Gestern - das neue Jetzt
tritt die Stufen hinab

Die Knospen
öffnen sich schon bald -
abgesägter Baum

Im Bauch
der Tulpenblüte
wohnen

Blütenwein trinken
der Magnolienbecher
reicht auch für zwei

Einen Moment lang
steht die Zeit still - zu warten
versäumte ich stets

Himmel weiß geblümt
am Ostertag ein Duft
nach Kerzenwachs

Farbe des Frühlings
in jedem Jahr ein Glas
Erdbeermilch trinken

Abflug-Durchsage
auf der Wiese übt
die Tochter Flickflack

Hundertfach erblüht
der Hasel, Orgelpfeifen
rufen den Frühling

Funken am Waldweg
der Gister blüht - unerwartet
trittst du neben mich

Baumumarmung
auf dem Blickweg zum Himmel
Flügel nicht nötig

Im Zickzack zum
Gewitterschwarz - Hand in Hand
nach langer Trennung

Hortensie blüht
in einem Garten aus Stein -
alte Gebote

Wenige Kirschen
reiften unter dem Regen -
Piratenmahlzeit

Nachtgarten
bunte Fackeln spielen
die Mondscheinsonate

Das Überleben
im Graben - alter Vorrat
schmeckt noch immer süß

Über den Zweigen
dieses Himmelsblau mailt:
Siesta!

Bergblumen
eine Großmutter
kann sie erklären

Worte der Liebe
mit Gold bestäubtest du mich -
und gingst fort

Jenseits der Bücher -
die wildroten Kerzen
der Rebenwiesen

Die Rapsblüte scheint
mitten im Asphalt ...
ein Abendtag

Pusteblumenschaum
quellende Wolken ...
mein Rücken ist feucht

Blütenstaub
einer Kiefer - der Spielplatz
nebenan ist leer

Clematis am Zaun
die Meinungsverschiedenheit
in Flüstertönen

Schwere Schritte
kein Weg kreuzt im Engpass
nur der Dohlenpfad

Raschelnde Küsse
auf dem Dachboden - im Haar
blieb einer hängen
Gebirgsbachwellen
deine Hand schwingt
mit jedem Wort

Unterwegs im Dorf
am Räuschel und Faselstall
die Blüten von einst

Gott ist rosa
sagte die Feuerwanze
zu ihrem Kind

Morgengewitter
Gräser werfen
die Blitze zurück

Irgendwann im Herbst
die Maske knittert über
schalkhaftem Lächeln

Hände gleiten
über deinen Körper
ich pflücke dich gleich...

Nebenan
auf dem Teich gondeln
die "Ich-liebe-dichs"

Im kleinen Rucksack
Platz für einen Zankapfel
schweigendes Mahl

Mitten im Hof
wartet der Ahornsamen
auf die Windrichtung

Neunzigster
sie tanzte noch einmal
den Boogie

Kürbisfest
Lampions für den
Schattenpark

Allerheiligen -
ein Bonbonpapierchen
auf dem Ruheweg

Zwei Handvoll Ziffern
in der Manteltasche
wird es winterwarm

Palmblätter im Licht
der Regenbogenfester...
Lied der Oase

Clivienknospen ...
eine lang ersehnte Hand
legt sich in meine

Novemberzweige
die letzten Vögel ziehen
Kreise im Himmel

Vor der Reitschul´
Arm in Arm mit den Wünschen
nach leichten Tagen

Schneetreiben -
die Kinder sind noch immer
spurlos unterwegs