Montag, 11. Mai 2015

März, April

Sonnenfinsternis
was schob sich
zwischen uns?

Sonnensichel
die Putzfrau saugt
Sternenstaub

Mondabschied
kalter Jasmintee
auf dem Balkon

Osterfeuer
wieder ist der Streit
entbrannt

Osterspaziergang
zwei setzen sich ab
in die Nacht

Dienstag, 5. Mai 2015

Neue Bücher im Frühjahr 2015


Haibun Die Lerche

Die Lerche
Am Vormittag fahre ich in die Stadt um eine Menge von Flyern für meine bevorstehende Frühlingsveranstaltung in Geschäften und Kindergärten abzugeben. Außerdem stehen zwei Behördengänge an, bevor ich dann mittags zur Arbeit gehe. Vor der Ampel am Südring schalte ich das Radio ein. Ich höre Klänge, die bezaubernder nicht sein könnten. Geigenklänge von solcher Ruhe und Ausstrahlungskraft, dass ich augenblicklich die Verlangsamung meines Herzschlags spüre. Ich höre das Stück noch bis zu meiner nächsten Station, um zu erfahren, dass es sich um „Die aufsteigende Lerche“ von Ralph Vaughan Williams handelt, das er 1914 komponierte.

   Weingärten
   bis über die Berge
   ihr Abschiedslied

Haibun Freibad

FREIBAD
In der Sommerhitze fahre ich mit meinen dreimo­natigen Zwillingen und dem zweijährigen Sohn mit dem Zug ins Freibad. Der Fußweg zum Bahnhof dauert lange und die Sonne brennt auf den Kopf. Der breite Kinderwagen passt gerade durch die Zugtüre. Vom Westbahnhof aus ist das Bad bald erreicht. Im Schwimm­bad bewache ich neben dem Kinderwagen unter ein paar Bäumen meinen Großen im Kleinkinderbecken und auf dem Spielplatz, während die Zwillinge schlafen. Nach drei bis vier Stunden des War­tens bitte ich meinen Sohn, einige Minuten auf seine Geschwister aufzupassen, und ich erlaube mir, ein paar Bahnen zu schwim­men, bevor wir wieder unseren Heim­weg antreten.

  Bachweg
  eine schwarze Katze
  rennt davon

Haibun Trauerfeier

TRAUERFEIER
Vater starb im Sommer, weinige Tage vor unserer Urlaubsreise. Zur Trauerfeier wollen wir von unserem Ferienort aus fahren, denn es ist nicht weiter als von zu Hause aus. Bereits kurz nach der Abfahrt von unserem Ferienquartier bemerkt mein Mann Schwierigkeiten beim Beschleunigen des Fahrzeugs, kann jedoch nichts Konkretes erkennen. Nach etwa hundert Kilometern, bereits auf der Autobahn, stellt sich dann doch heraus, dass die Fahrt nicht länger fortgesetzt werden kann. Wir halten am Standstreifen, rufen die Versicherung und den Abschleppdienst an und warten angespannt in Trauerkleidung an der Autobahnböschung. Als der Abschleppdienst endlich kimmt, werden wir dreißig Kilometer weit in die Werkstatt zurückgefahren. Allmählich wird uns klar, dass wir die Trauerfeier und die Beisetzung nicht mehr miterleben würden. Im Autohaus lässt der Leihwagen wiederum eine knappe Stunde auf sich warten. Enttäuschung und Niedergeschlagenheit. Im Autohaus spielt mein Sohn auf dem weißen Klavier Bachs Toccata und Fuge in d-Moll.

  Sand im Schuh
  das Jackett der Bäuerin
  viel zu groß

Januar, Februar 2015

Sanssouci
mein Bruder gibt sich die Ehre


Sarkom
die königliche Botschaft
am Weihnachtsabend



missverständnis
eine andere richtung
im maislabyrinth


geburtstagsparty
das löschfahrzeug
fährt die leiter aus


steiniges gelände
die verbeulte schubkarre
im mondlicht


schmale tiefmulde
er rollt das süßholz
aus dem baumarkt


Zaun aus Salbei
die giftigen Blicke
der Nachbarin


ein bündel weißer rauch
im klinikflur der duft von
desinfektion


herb angel
ein neuzugang
auf der station


salbeirauch
er geht seit tagen
nicht ans handy


Meinetwegen 13 Uhr
er gibt sich die Ehre
der kleine Aufschneider


Z um Kotzen! Er
Ä ndert sich nicht,
H eult eine Mutter


im negligee
die heimleiterin öffnet
den koffer


unerkannt
in der maske
meines alten lehrers


Täuschend echt
die Verkleidung ...
460 Tonnen Müll


Frühstück bis in die
Puppen, die Gardemädchen
chillen


Faschingsmontag -
auf dem Heimweg ein Flyer
Insel der Rosen